Bielefeld,

Brückenbau-Fachgruppen aus NRW proben in Bielefeld den Ernstfall

Wie wichtig Brücken für unsere Infrastruktur sind, merkt man meistens erst, wenn sie beispielsweise durch Alterserscheinungen, ein Erdbeben, Terroranschläge, Stürme oder, wie gerade erst auf der A57 bei Dormagen geschehen, durch ein Feuer zu Schaden kommen und nicht mehr passierbar sind. Das Technische Hilfswerk unterhält im Landesverband NRW zwei Fachgruppen Brückenbau (FGr BrB) in Mönchengladbach und in Bielefeld um im Krisenfall schnellstmöglich wichtige Verkehrsinfrastruktur vom Holzsteg bis zur schweren Eisenbahnbrücke zu errichten. An diesem Wochenende (21. und 22. Juli 2012) trainierten beide Brückenbaueinheiten auf dem Gelände des Ortsverbandes Bielefeld im Rahmen ihrer jährlichen Brückenbauübung, den Aufbau einer so genannten Bailey-Brücke, welche immerhin bis zu 30 Tonnen tragen kann.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Barbara Franke (Neue Westfälische, Ansicht11)

Bei diesmal ungewöhnlich trockenem Brückenbauwetter stand bei der diesjährigen gemeinsamen Brückenbauübung zwischen den Ortsverbänden Mönchengladbach und Bielefeld der Aufbau der in Bielefeld stationierten Bailey-Brücke auf dem Programm. Bereits im Vorfeld hatten Einsatzkräfte unserer Fachgruppe Brückenbau das Einsatzgelände vermessen und Fundamente für die ca. 20 Meter lange Konstruktion geschaffen, sodass mit dem Bau pünktlich um 0900 Uhr am Samstagmorgen begonnen werden konnte. Dank des modularen Aufbaus der taktischen Einheiten im THW mit vergleichbarem Ausbildungsstandard fanden neue Helfer und alte Brückenbauhasen aus beiden Ortsverbänden schnell zusammen und arbeiteten Hand in Hand mit höchster Effizienz. Bereits zur Mittagspause war ein erheblicher Teil der Brücke fertig gestellt, der kurze Zeit später von den anwesenden Vertretern von Zeitungen, Radio und Fernsehen mit großem Interesse in Augenschein genommen wurde. Pünktlich zum Abendessen war der Vorschub der Brücke bereits soweit abgeschlossen, dass das Hindernis überbrückt wurde und Fahrbahnbohlen ausgelegt werden konnte. Dem gemeinsamen Kameradschaftsabend zum Austausch und zum näheren Kennenlernen stand nun mit gutem Gewissen nichts mehr im Weg, da unsere Trupps deutlich schneller als erwartet voran gekommen waren.

Die Bailey Brücke ist eine in Einzelteilen transportierbare Brückenkonstruktion und wurde im zweiten Weltkrieg von der englischen Armee auf einen Vorschlag von Sir Donald Coleman Bailey hin entwickelt. Ihr großer Vorteil ist, dass sie ohne den Einsatz von Maschinen mit relativ geringem Personalaufwand aufgebaut und in Betrieb genommen werden kann. Der Transport der um die 250 kg schweren Teile erfordert lediglich normale Lastkraftwagen und kein schweres Gerät. Die Brückenkonstruktion besteht aus einer Vielzahl an Bauteilen. Die sogenannten Seitenfelder sind die tragenden Teile der Brücke und bilden die seitliche Begrenzung der Straße. Sie bestehen aus einem rechteckigen Stahlrahmen in den Aussteifungen hineingeschweißt wurden. Diese Felder können mit zwei Stahlbolzen miteinander verbunden werden. Rechtwinkelig dazu werden die sogenannten Querträger eingesetzt und verschraubt. Die sogenannten Längsträger werden anschließend auf den Querträgern montiert und tragen später den Straßenbelag. Dazu gibt es noch eine große Zahl an weiteren Kleinteilen, die zur Stabilisierung und Aussteifung der Brückenkonstruktion verwendet werden.

Die Bailey Brücke wird in verschiedenen Ausbaustufen errichtet. Die freie Tragweite der Konstruktion hängt von der Konfiguration der Seitenfelder ab. Es ist dabei möglich bis zu drei Reihen Seitenfelder je Seite zu verwenden und bis zu drei Stockwerke davon übereinander zu setzen. Mit einer einzigen Reihe miteinander verbolzter Seitenfelder an jeder Seite der Brücke trägt sie eine Last von 16 Tonnen frei über 15,3 m. Zur weiteren Stabilisierung kann eine zweite Ebene Seitenfelder auf jeder Seite installiert werden. Hiermit trägt die Brücke bereits (mit jetzt vier statt zwei Querträgern je Feld) 30 Tonnen freitragend über 18,35 Meter. Auch die Installation einer dritten Reihe Seitenfelder ist möglich und führt zu einer maximalen Belastung von 30 Tonnen freitragend auf  30,55 Metern. Eine weitere Möglichkeit die Stabilität zu verbessern ist der Aufbau mehrerer Etagen Seitenfelder übereinander. Somit können bei einer Verwendung von drei Seitenfeldern in einer Ebene und zwei Reihen davon übereinander je Seite  und einer zusätzlichen Verstärkung bis zu 51,90 Meter frei tragend bei 30 Tonnen maximaler Belastung erreicht werden.

Beim Aufbau der Bailey Brücke ist es theoretisch nicht nötig, das Hindernis vorher zu überqueren. Die gesamte Konstruktion wird im Diesseits errichtet und dann mittels Rollagern im freien Vorschub über z.B. den Fluss geschoben. Anschließend wird der Straßenbelag installiert und die Brücke gesichert. Es ist zudem möglich Stützen und Untergurte aus Seitenfeldern zu errichten, um die Spannweite der Brücke zu erhöhen.

Am Sonntag wurde nun der Vorbauschnabel entfernt und die Brücke zog von ihren Rolllagern auf ihr eigentliches Fundament um. Mit der Befestigung der angrenzenden Straße durch Errichtung der nötigen Auffahrrampen war der Aufbau der Bailey-Brücke dann weitestgehend abgeschlossen. Die Übung an diesem Wochenende zeigte wieder einmal, dass auf die Nordrhein-Westfälischen Fachgruppen Brückenbau stets Verlass ist und sie Hand in Hand effizient in Katastrophensituationen für Sie neue Wege schaffen können. An unserem Tag der offenen Tür im Rahmen unseres 60 jährigen Jubiläums am 25. August 2012  können auch Sie die Brücke selbst besichtigen.

Wir möchten ganz herzlich den Kollegen aus Mönchengladbach für ihren Besuch und die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Weiter gilt besonderes Lob Andreas Weber und Christian Plehn für ihre exzellente Arbeit in der Feldküche. Wir möchten weiterhin Barbara Franke und Thomas F. Starke für ihre schönen Fotos, die sie uns großzügig zur Verfügung gestellt haben, danken.

 

Weitere Informationen:


Alle zur Verfügung gestellten Bilder sind honorarfrei und dürfen unter Angabe der Quelle für die Berichterstattung über das THW und das Thema Bevölkerungsschutz verwendet werden. Alle Rechte am Bild liegen beim THW. Anders gekennzeichnete Bilder fallen nicht unter diese Regelung.