Schönebeck (Elbe),

Ortsverband Bielefeld im Hochwassereinsatz in Sachsen-Anhalt

Starke Regenfälle über weiten Teilen Mittel- und Osteuropas haben die Pegel der Flüsse in diesen Gebieten stark ansteigen lassen. Insbesondere Bayern, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt waren betroffen. Katastrophale Zustände, die oftmals die Flutkatastrophe 2002 noch übertrafen, herrschten in vielen betroffenen Landkreisen. Vom 5. bis zum 14. Juni 2013 waren die Bielefelder Bergungsgruppen, unterstützt durch die Fachgruppe Brückenbau gemeinsam mit über 8000 anderen THW-Kräften im Einsatz.

Die Stadtzentrum von Schönebeck an der Elbe stände ohne die installierte Spundwand etwa Brusthoch unter Wasser.

Mittwochvormittag (5. Juni) ist der Ortsverband Bielefeld, gemeinsam mit allen anderen Ortsverbänden im Geschäftsführerbereich Bielefeld in das kleine Städtchen Schönebeck (Elbe) südlich von Magdeburg verlegt worden. Südlich von Schönebeck, bei Barby, vereinen sich Elbe und Saale. Entsprechend angespannt war die Situation in unserem Einsatzgebiet, da man das Eintreffen der Scheitelwellen beider Flüsse für den selben Zeitpunkt berechnet hatte.

Die Alarmierung der Bielefelder Helfer erfolgte am Mittwochvormittag. Nachdem wichtige Fragen mit den Arbeitgebern geklärt und Ausrüstung für zunächst drei Tage Aufenthalt gepackt waren, wurde aufgesessen und mit einem Gerätekraftwagen 1 sowie einem Mannschaftstransportwagen mit Sonderrechten auf der Autobahn A2 in Richtung der Krisenregion gestartet. Mit dabei waren auch viele junge und leistungsstarke Einsatzkräfte, für die die aktuelle Lage der erste Großeinsatz dieser Art war.

Direkt nach der Verlegung ging es für die Bielefelder THW-Helfer auch schon an die Arbeit. Unser erster Einsatzort lag am Burgwall, direkt an der Elbe. In der Nähe eines Yachthafens mussten eine strategisch wichtige Verbindung nach Magdeburg und eine Siedlung geschützt werden. Auf beiden Seiten der Straße wurden 1,2 m hohe Sandsackwälle über viele 100 m errichtet. Mitarbeiter der lokalen Stadtwerke bestimmten den Pegel des ansteigenden Wassers in der Flutmulde auf der flussabgewandten Seite der Straße regelmäßig. Je Stunde ermittelten sie 5 cm Zuwachs. Es war also höchste Eile geboten. Zum Glück waren wir rechtzeitig vor Ort. Das Wasser nagte mit Abschluss der Verlegearbeiten am frühen Morgen am unteren Rande des Dammes. Mitten in der Nacht rückten Helfer und Helferinnen des Sozialtreffes "Suppe und Seele" und eine Anwohnerin an und versorgten unsere Einsatzkräfte mit Kaffee, Kuchen und belegten Brötchen. Herzlichen Dank hierfür.

Nach ein paar Stunden Schlaf für unsere Helfer in der Sporthalle einer Grundschule, wurden wir am Donnerstag im selben Einsatzabschnitt weiter nördlich verlegt. Hier verläuft der Burgwall parallel zur Elbe, die mittlerweile eine erhebliche Breite angenommen hatte und drohte eine weitere Siedlung und eine Straße zu überfluten. Mit einem Gerätekraftwagen 2 mit Ladebordwand konnten wir die Häuser noch gerade so erreichen, lieferten Sandsäcke an die dankbaren Bewohner und unterstützten bei deren Verbau.

Neben uns waren auch alle anderen bekannten Hilfsorganisationen und die Bundeswehr pausenlos im Einsatz. Sie sicherten mit Höchstdruck u.a. einen größeren Deich und erhöhten ihn zusätzlich. Auch unzählige zivile Helfer füllten und verlegten unermüdlich Sandsäcke  - rund um die Uhr mit aller Kraft. Viele lokale Speditionen hatten schwere Lastkraftwaren und Fahrer zur Verfügung gestellt und schafften laufend mit Sonderrechten oder Geleitschutz Sandsäcke in die Einsatzabschnitte. Auf dem zentralen Busbahnhof hatte die Stadt dafür einen Sandsackfüllplatz eingerichtet. Von hier aus wurden auch die unzähligen zivilen Helfer koordiniert. Die ganze Stadt war auf den Beinen und engagierte sich, jeder dort wo er konnte.

Die Nacht zum Samstag (8. Juni) begann für den Ortsverband Bielefeld mit einem Einsatzbefehl zur Erleuchtung eines Einsatzgebietes mittels HQI Hochleistungsscheinwerfern am GKW1. Parallel dazu unterstützten unsere Helfer die vorsorgliche Evakuierung von gefährdeten Einwohnern. Mit der ersten Ablösewelle aus Bielefeld rückte auch unser Baufachberater Marc Tönsmann in Schönebeck an. Im zivilen Leben Bauingenieur, wurde er in dieser Nacht mehrfach angefordert, um die Statik von Häusern, Regenrückhaltebecken und Verteidigungsmauern zu bewerten. Währenddessen arbeiteten alle Einsatzkräfte weiter mit Hochdruck daran, Deiche und die aufgebauten Spundwände zu stabilisieren. Allein der Ortsverband Bielefeld verbaute in dieser Nacht mit einer Gruppe Feuerwehrleute und vielen zivilen Helfern etwa 100 Paletten mit Sandsäcken. Pausenlos pendeln Lastkraftwagen mit Hochdruck unter Sonderrechten zwischen der Verladestelle und der Verteidigungslinie. Am Samstagmorgen wurden unsere erschöpften aber zufriedenen Einsatzkräfte ausgetauscht, damit sie neue Kraft für die nächste Nachtschicht sammeln konnten.

In Schönebeck zog das Maximum der Flutwelle mit einem Pegelstand von 760 cm am Sonntagmorgen (9. Juni) vorbei. In dieser Nacht und auch in der Nacht zum Montag waren unsere Einsatzkräfte aus Bielefeld, gemeinsam mit einer Gruppe Soldaten, Feuerwehrleuten und zivilen Helfern damit beschäftigt ihren Deichabschnitt weiter zu verteidigen und insbesondere Sickerstellen zu orten und abzudichten. Dazu oblag es auch wieder uns, die Beleuchtung der Einsatzstelle zu gewährleisten. An der errichteten Spundwand am Elbtor stand das Wasser etwa Brusthoch. Schwere Pumpsysteme hinter der Wand beförderten durchgesickertes Wasser wieder zurück in den Fluss. Viel hätte nicht mehr gefehlt, bis das Wasser über den Schutzwall gelaufen wäre. Zum Glück hielten die provisorischen Verteidigungswälle aber dem Druck stand.

Die Wasserpegel waren seitdem rückläufig. Am Montagmorgen (10. Juni) lag der Wert in Schönebeck bei knapp über 700 cm und am Donnerstagmorgen schon bei 650 cm. Diese Messung lag jedoch immer noch deutlich über dem mittleren Hochwasser (MHW=536cm) und daher waren nach wie vor Wachsamkeit und Alarmbereitschaft unserer Einsatzkräfte jederzeit gefordert. Zum Teil mussten auch schon Sandsack- und BigPack-Wälle eingerissen werden, damit durchgetretenes Wasser wieder ablaufen konnte. Die Lage entspannte sich seit dem zwar langsam aber stetig. Noch vor Ort dankten der Bürgermeister Schönebecks Hans-Jürgen Haase und Landrat Manfred Müller herzlich allen Einsatzkräften für ihren unermüdlichen Einsatz und die Rettung der Stadt.

Schließlich kehrten alle Bielefelder Helfer am Freitagmorgen (14. Juni) wohl behalten und um viele Erfahrungen reicher zurück nach Hause, wo sie im Bielefelder Logistikzentrum erst einmal mit einem reichhaltigen Mittagessen empfangen wurden. Nach der sofortigen Herstellung der Einsatzbereitschaft gingen alle Helfer in ihr wohlverdientes Wochenende.

Wir möchten uns ganz herzlich im Namen der Einwohner der betroffenen Regionen bei allen Arbeitgebern unserer Einsatzkräfte bedanken. Ohne die unkomplizierte Freistellung unserer Helfer wäre es den Helferinnen und Helfern nicht möglich, das Leid der Mensch vor Ort zu lindern. Sie leisten damit einen großen Beitrag zur effektiven Katastrophenhilfe des Technischen Hilfswerks. Weiterhin möchten wir uns herzlich bei den Einwohnern Schönebecks bedanken, die uns am Deich ausgezeichnet mit frisch gebackenem Kuchen und Kaffee in den Nachtschichten versorgt haben. Auch gilt unser Dank allen weiteren Hilfsorganisationen, der Bundeswehr und den zivilen Helfern, die uns bei der Arbeit unterstützt haben.

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