Bielefeld,

Rettung und Bergung unter schwerem Atemschutz

Mangelnde Sauerstoffkonzentration oder Atemgifte in der Luft sind für die Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks kein Problem. Die Bergungsgruppen und die Fachgruppen Räumen, Wasserschaden/Pumpen und Infrastruktur halten ständig umluftabhängige und umluftunabhängige Atemschutzgeräte für diese Fälle bereit und bilden ihre Helfer regelmäßig in ihrer Anwendung fort. Im halbjährlichen Turnus trainieren die Bielefelder Atemschutzgeräteträger abwechselnd in einer speziellen Übungstrecke mit telemetrischer Überwachung im Herbst und in "freier Wildbahn" unter echten Einsatzbedingungen im Frühjahr. An diesem Wochenende fand die Frühjahrübung statt; diesmal u.A. mit einem ganz neuen Ausbildungsthema - CBRN-Lagen.

Die Nutzung von schwerem umluftunabhängigem Atemschutz erfordert von unseren Einsatzkräften ein Höchstmaß an körperlicher Leistungsfähigkeit, psychischer Stabilität und Konzentration, wenn sie beispielsweise Menschen aus eingestürzten Häusern retten müssen. Dies ist die Haupteinsatzoption unserer Bergungsgruppen. Mit einer etwa 15 kg schweren Pressluftflasche auf einem rucksackartigen Tragegestell müssen sie sich möglichst schnell Zugang zu verunfallten oder eingeschlossenen Personen z.B. unter einem Trümmerkegel verschaffen. Ihre Arbeit wird nicht nur durch die Trümmer selbst, sondern auch durch die zahlreichen Gefahren, die in einem eingestürzten Haus lauern können, behindert.

Solche Szenarien üben die Atemschutzgeräteträger des THW Ortsverbandes Bielefeld in, auf und unter unserer hauseigenen Trümmertrainingsstrecke. Der Schutthaufen in der Mitte der etwa 350 Quadratmeter großen Kegelfläche ist nicht einfach nur ein ganz normaler Schutthaufen. Darunter haben unsere Helfer ein weit verzweigtes System aus Betonröhren ganz unterschiedlicher Durchmesser errichtet.  Neben einer Vielzahl von möglichen Ein- und Ausgängen sind auch einige gemauerte Räume und ein mehrere Meter tiefer Schacht, um die Rettung aus Tiefen zu trainieren, Bestandteil des Trümmerkegels. Das Röhrensystem selbst umfasst eine in zwei Ebenen angelegte enge Kriechstrecke von insgesamt etwa 50 Metern mit zahlreichen Verzweigungen und Möglichkeiten die Ebene zu wechseln. Einige der Röhren und Räume sind durch absichtlich angelegte Hindernisse wie etwa diagonal eingesetzten Holzbalken, mit Beton gefüllte und aufgehängte Säcke oder halbhoch gemauerten Zwischenwände stark verengt. Oftmals sind diese Bereiche so eng, dass unter schwerem Atemschutz stehende Einsatzkräfte ihre Pressluftflasche abnehmen müssen, um so durch die Öffnungen zu kriechen. Die so erzeugte Enge ist gerade auch bei schlechter Sicht und unter Atemschutz eine hohe psychische und physische Belastung für unsere Helfer. Neben der künstlichen Vernebelung der Kriechgänge besteht auch die Möglich die typische Lärmkulisse einer echten Einsatzstelle über zahlreiche Lautsprecher einzuspielen.

Die Übungseinheiten am vergangenen Wochenende hatten zwei Schwerpunkte. Zum einen wurde der Umgang mit Atemschutznotfällen ausführlich geprobt. Da unsere Einsatzkräfte stets Truppweise vorgehen, obliegt es dem/den Trupppartner/n in einem eventuellen Notfall unter Atemschutz Sofort- und Rettungsmaßnahmen durchzuführen. Dazu zählen nicht nur die Versorgung eventueller Verletzungen oder die Versorgung des Kameraden mit Luft aus der eigenen Flasche. Möglicherweise verunfallte und ohnmächtige Kollegen müssen auch mit den wenigen zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln fachgerecht aus dem Gefahrenbereich gebraucht werden. All das geschieht in der stark vernebelten Enge der schmalen Röhren unter dem Trümmerkegel.

Andererseits wurde das neue Konzept des Technischen Hilfswerks für den Umgang mit CBRN-Lagen das erste Mal theoretisch und praktisch ausgebildet. Dabei handelt es sich um Lagen, in denen chemische, biologische oder radionukleare Gefahren auf unsere Einsatzkräfte wirken. Um Inkorporation der Gefahrstoffe auszuschließen, werden solche Einsätze unter Atemschutz abgewickelt. Hinzu kommen in der ersten Ausbildungsstufe auch leichte Dekontaminationsarbeiten und insbesondere ein solides theoretisches Wissen über die Wirkweise der jeweiligen Gefahrenelemente. Darauf aufbauend wird es in naher Zukunft weitere Ausbildungen und Lehrgänge dieser Art geben.

Wieder einmal konnten zahlreiche Verletztendarsteller und eigene Einsatzkräfte aus dem Trümmerkegel gerettet und die allseits beliebte Übung erfolgreich abgeschlossen werden. Ein besonderer Dank gilt Herrn Dipl. Chem. Christian Reuter für die langwierige Planung und die erfolgreiche Durchführung des umfangreichen Ausbildungsdienstes.


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