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Dohna - Gorknitz,

Standortverlagerte Übung in Gorknitz (Sachsen)

Das verlängerte Fronleichnamswochenende 2013 nutzte der Technische Zug des Ortsverbandes Bielefeld für eine viertägige standortverlagerte Ausbildung im sächsischen Gorknitz. Was eigentlich als gemeinsame Bergungsübung geplant war, endete jedoch nach kurzer Zeit aufgrund tagelanger Starkregenfälle in einem realen Hochwassereinsatz.

Auch auf ihrem neuen Einsatzfahrzeug drückt die Ortsfeuerwehr Gorknitz ihr enges Verhältnis zum THW Ortsverband Bielefeld aus.

Das Ziel der standortverlagerten Ausbildung haben wir nicht ganz zufällig gewählt. Während der Hochwasserkatastrophe, die 2002 weite Teile Ostdeutschlands heimsuchte, war auch der Technische Zug des Ortsverbandes Bielefeld im Einsatz. Seite an Seite mit den Kameraden der freiwilligen Feuerwehr Gorknitz kämpften unsere Einsatzkräfte mehrere Wochen gegen die Fluten und verteidigten die Stadt Dohna. In dieser Zeit entstand eine nachwievor andauernde Freundschaft zwischen beiden Einheiten mit regelmäßigen Besuchen und Erfahrungsaustausch. Nachdem wir unsere Freunde aus Gorknitz zu unserem 60 jährigen Jubiläum im letzten Jahr in Bielefeld begrüßen durften, befindet sich unser Technischer Zug an diesem Wochenende in Gorknitz, um eine mehrtägige gemeinsame standortverlagerte Übung mit vielen spannenden Aktionen durchzuführen. Auch die Bielefelder Jugendgruppe wird vor Ort sein. Sie trainiert gemeinsam mit der Jugendfeuerwehr den Holzstegebau.

Bereits am Mittwochvormittag wurde der erste Teil des Konvois nach Gorknitz verlegt, um vorab das Feldlager und die Feldküche zu errichten. Am frühen Donnerstag folgte der zweite Teil des Zuges u.A. mit zwei Gerätekraftwagen und einem ganz besonderen THW-Fahrzeug. Der Landesverband NRW hat uns freundlich unterstützt und uns einen THW-Reisebus zur Verfügung gestellt, in dem die verbliebenen Einsatzkräfte des Technischen Zuges und die Jugendgruppe transportiert wurden. Gegen 1600 traf der letzte Teil des Konvois in Gorknitz ein, wo die Vorhut schon eine kleine Zeltstadt und die Küche in Betrieb genommen hatte.

Nach gemeinsamem Trockenlegen der Zelte begann der Freitag mit unvorhersehbaren Ereignissen. Die zuständige Leitstelle alarmierte die Ortsfeuerwehr Gorknitz zu zwei Hochwassereinsätzen. Der Ortsverband Bielefeld wurde zur Unterstützung hinzu gezogen. Aufgrund der heftigen Regenfälle drohte ein Löschwasserreservoir über zu laufen und eine Landstraße zu überfluten. Das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr rückte gemeinsam mit unserer ersten Bergungsgruppe hierhin aus und pumpte eine erhebliche Menge Wasser in einen nahe gelegenen Bach. Später setzten die gemischten Einheiten den Überlauf des Reservoirs wieder in Stand. Die zweite Bergungsgruppe agierte an einer anderen Einsatzstelle, ebenfalls geführt durch die Ortsfeuerwehr Gorknitz. Am örtlichen Kindergarten des Stadtteils Krebs war das Außengelände mit mehreren Senken und Hängen unter Wasser, die umgehend mit Tauchpumpen vom Gerätekraftwagen 2 gelehrt wurden. Der Einsatz war selbstverständlich eine große Attraktion für die Kinder, die das Geschehen begeistert beobachteten. Auch der Bürgermeister der Stadt Dohna, Ralf Müller, war zugegen und informierte sich über unsere Arbeit.

Der Rest des Freitages wurde zur Vertiefung von Bergungsthemen verwendet. Ein verlassenes Gebäude direkt neben der Feuerwache bot hierzu optimale Gelegenheiten. In dem vier Ebenen umfassenden Bauwerk, welches früher mal die Dorfkneipe gewesen war und indem es sogar einen Theatersaal mit Bühne gibt, trainierten unsere Bergungseinheiten in den bekannten fünf Phasen das Auffinden und Retten von verunfallten Personen in einem Gasexplosionsszenario. Dazu hatten sich mehrere Darsteller mit unterschiedlichen Verletzungen gut versteckt. Deren Rettung aus dem Gebäude erforderte unter Anderem die üblichen Raffinessen des Leiterhebels und der schiefen Leiterebene aus den Fenstern des ersten Obergeschosses. Dieses echte (zum Teil auch angeschlagene Haus) bot den Einsatzkräften eine spannende und vor allem realistische Alternative zu ihrem üblichen Trümmerkegel auf dem Gelände des Ortsverbandes Bielefeld. Währenddessen verschärfte der weiterhin anhaltende Starkregen die Hochwassersituation weiter. Zum Abendessen besuchte uns der Chronist der Stadt Dohna, Kurt Woyak, und präsentierte eindrucksvolle Geschichten und Fotos von der Flutkatastrophe im August 2002. Viele damals beteiligte Einsatzkräfte konnten sich noch gut an das gewaltige Zerstörungsausmaß erinnern und auch die jüngeren Helfer staunten über die damalige Verwüstung.

Bei einsetzender Dunkelheit wurde das Gebäude abermals als Übungsumgebung verwendet. Zuvor hatten die Übungsleiter das Kellergeschoss mit Nebel fluten lassen, sodass dort die Sichtweite zum Teil unter 10 cm lag. In einer anschließenden gemeinsamen Übung mit zum Teil gemischten Teams retteten Feuerwehr und THW-Kräfte unter schwerem Atemschutz mehrere Verletzte aus allen Ebenen des Hauses. Die zweite Bergungsgruppe sorgte in der Zwischenzeit für die Ausleuchtung der Einsatzstelle und der Zugänge zum Haus, während Feuerwehrkräfte viele Meter Schlauch verlegten und einen Hydranten an ihr Tanklöschfahrzeug anschlossen. Gegen halb zwölf war diese spektakuläre Übung, die von den Jugendgruppen und einigen Gästen und Anwohnern gespannt verfolgt wurde, beendet.

Der Samstag sollte nun endlich der große Tag sein, an dem unser 18 Meter langer EGS-Steg über die Müglitz in einer gemeinsamen Übung mit der Feuerwehr errichtet werden sollte. Dieses Konstrukt wird im freien Vorschub errichtet und kann maximal 9 Meter überspannen. Damit wir jedoch die gesamte Breite des Flusses überbrücken konnten, war geplant, von beiden Ufern gleichzeitig zu agieren und in der Mitte ein Fundament zu setzen. Damit ist die ursprüngliche zugelassene Statik wieder eingehalten. Ca. 40 Feuerwehrleute aus dem ganzen Stadtgebiet Dohna waren zum Stegebau erschienen. Es zeigte sich jedoch sehr bald, dass die Müglitz aufgrund von weiteren nächtlichen Regenfällen von einem ruhigen kleinen Fluss in einen reißenden Strom mit erheblichen Strömungsgeschwindigkeiten verwandelt wurde. Dies macht das Platzieren des benötigten Fundamentes in der Mitte des Flusses zur Abstützung unmöglich, sodass die Übung wieder abgesagt werden musste. Zudem sind große Teile der Feuerwehr zu weiteren Pumpeinsätzen im Stadtgebiet Dohna alarmiert worden. Auch hier hat sich das THW Bielefeld wieder tatkräftig beteiligt. Im Bauhof der Stadt wurden durch die erste Bergungsgruppe unzählige Sandsäcke befüllt, verladen sowie eingelagert, während die Ortsfeuerwehr Gorknitz wieder das bereits gestern besuchte Grundstück in Krebs abpumpte. Unser Gemeinschaftszelt auf dem Hof der Ortsfeuerwehr ist mittlerweile in einen Bereitstellungsraum umfunktioniert worden. Auch die reichhaltig ausgestattete THW-Feldküche schaltete in den Einsatzbetrieb um und versorgte mehrere angerückte Ortswehren mit Heißgetränken und Essen.

Zum Abendbrot bekamen wir dann schließlich Besuch vom Bürgermeister der Stadt Dohna, Ralf Müller, sowie den zuständigen Ortsvorstehern und Klaus Brähmig, Bundestagsabgeordneter des dortigen Wahlkreises. In ihren Ansprachen erinnerten sie an die gewaltige Zerstörung durch die Flut 2002 und bedankten sich nochmals für die tatkräftige Unterstützung durch das Bielefelder THW. Im Anschluss richtete Ortsbeauftragter Andreas Piel seinen Dank an Wehrleiter Mirko Osterland für die Gastfreundschaft. Dabei überreichte er zur Erinnerung an dieses Wochenende der Ortsfeuerwehr Gorknitz eine in Bielefeld selbst gebaute Skulptur mit zwei eigens verchromten EGS-Teilen.

Über Nacht verschärfte sich die Hochwasserlage weiter. In Dresden wurde am Morgen Hochwasserwarnstufe 3 und in Chemnitz die höchste Hochwasserstufe 4 ausgerufen. Viele Straßen in ländlichen Regionen Dohnas wurden überflutet. Die Kameraden der Feuerwehren rückten zu weiteren Einsätzen aus. Auch das gestern durch uns gefüllte Sandsacklager im Bauhof der Stadt Dohna kam zum Einsatz. Für uns ging das Wochenende leider schon wieder zu Ende. Im Starkregen bauten THW-Einsatzkräfte das Feldlager zurück. Der Konvoi, bestehend aus zwei Gerätekraftwaren, dem THW-Bus, einem MZKW, dem Autokran, sowie dem Küchentrupp mit einem Planen-LKW und der Feldküche verließ Gorknitz gegen 1000.

Schon wenige Tage später, kehrten wir in die Krisenregion zurück, um die Stadt Schönebeck zu schützen. Mehr dazu lesen sie hier.

Wir möchten ganz herzlich der Ortsfeuerwehr Gorknitz unter Wehrleiter Mirko Osterland, dem LSV 61 e.V., der Stadtverwaltung Dohna, allen Gorknitzern und allen anderen, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben für ihre herzliche Gastfreundschaft danken. Uns hat der Besuch großen Spaß gemacht und es war uns eine Ehre wieder mit euch in den Einsatz zu ziehen. Auch wenn die von langer Hand geplanten Ausbildungen, insbesondere der Stegebau über die Müglitz "ins Wasser gefallen sind", so liegen doch spannende Tage hinter uns. Unsere Nachwuchseinsatzkräfte erfuhren aus erster Hand, unter welchen Bedingungen ein echter Hochwassereinsatz statt findet und vertieften statt Stegebau jetzt unter realistischen Bedingungen Pumparbeiten und Hochwasserverteidigung. Die gemeinsame Arbeit mit den Kameraden der Feuerwehr Gorknitz funktionierte auf Anhieb bestens und auch das verlassene Haus bereicherte unsere Bergungsausbildung erheblich. Weiterhin gilt unser Dank den Ortsverbänden aus dem Geschäftsführerbereich Bielefeld, die uns Material zur Verfügung gestellt haben.

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